Der außergewöhnliche Unbekannte in der Dämmerung…
Nach kurzer Zeit waren auch die letzten paar Wanderer verschwunden. Bis auf einen Mann mittleren Alters und mich selbst, war nun niemand mehr dort. Ich lief zu ihm und fragte, warum er noch so spät dort sei? Hatte er denn nicht von den Bären und Schlangen gehört?
Er lächelte und sagte zu mir: „Du bist ein Glückspilz, denn heute, hier und jetzt wird etwas Phänomenales stattfinden und du kannst dabei sein, wenn du magst.“
Was ist denn das für ein Irrer dachte ich erst. Wer weiß wovon der hier spricht. Dann fuhr er fort: „Der Mond wird erst nach 2 Uhr nachts zu sehen sein und die Luftfeuchtigkeit ist perfekt.“ Perfekt für was? „Für einen außergewöhnlichen Sternenhimmel mit Blick auf die Milchstraße. Du wirst sogar die Andromeda Galaxie sehen können“ sagte er.
Klapperschlangen, Bären und ein potenzieller verrückter der mir die Milchstraße versprach. Hervorragend, ich bleibe noch!
4 Stunden Heimweg durch die Nacht, nächsten Morgen um 6 zur Arbeit, mit einem Fremden alleine auf einem Felsvorsprung, fern ab der Zivilisation, keine Telefonverbindung, gerade noch genug Sprit um zur nächsten Tankstelle zu gelangen…
Vielleicht hatte ich den Film „der Ja-Sager“ zu ernst genommen, aber ich war überzeugt davon, dass ein „Ja“ meistens zu etwas Gutem führt. Ich wusste zwar nicht was mich erwartet, aber ich dachte mir dann: scheiss drauf: Niemand kommt an sein Lebensende und sagt sich: „Zum Glück habe ich diese Chance nicht ergriffen“.
Ich war schon immer ein Bewunderer der Natur. Sonnenuntergänge & Sternenhimmel, dafür schmelze ich dahin.
Das ist auch der Grund, warum ich es liebe, spät abends meine langen Trainingsläufe zu machen. Doch die Milchstraße hatte ich noch nie mit meinen eigenen Augen sehen können.
Milchstraße & Andromeda Galaxie? Eine 2.537.000 Lichtjahre entfernte Galaxie sollte ich hier an diesem Tag sehen können, und dann noch mit bloßem Auge? Der spinnt doch dachte ich… vielleicht sogar ein Verrückter?
Hauptsache kein bewaffneter Psychopath. Doch dieses Risiko (was in den USA doch deutlich höher ist als in anderen Ländern der Erde) viel mir erst ein paar Monate später wieder auf, als ich mit einem Kollegen in einem Einkaufszentrum war und er mir seine neue 9 mm Pistole zeigte, die er einfach so ohne Halfter im Hosenbund trug.
Aber daran dachte ich in diesem Moment nicht. Die Neugier überwog.
Millionen von Sternen. Bis dahin hatte ich so etwas noch nie gesehen
Sämtliche Bedenken zerstreuten sich jedoch, als er seine Kamera auspackte. Ein wertvolles Gerät, mehrere tausend Dollar teuer. Als wir uns weiter unterhielten erfuhr ich, dass er ein professioneller Fotograf war, der mit seinem Wohnwagen durch die USA fuhr und spektakuläre Aufnahmen machte.
Er zeigte mir einen außergewöhnlichen Sternenhimmel, den er im Grand Canyon aufgenommen hatte.
Als der letzte Sonnenstrahl am Horizont verschwunden war, fing es an. Ich sah nach oben und versuchte verzweifelt den großen Wagen zu finden. Unmöglich bei der Vielzahl an Sternen. Und tatsächlich: Über mir wurde die Milchstraße mehr und mehr sichtbar.
Er zeigte mit seinem Finger auf den Himmel und sagte „siehst du das da? Zwei Finger breit nach rechts, und 5 nach oben.“
Ich sah nur eines: Millionen von Sternen. Später erkannte ich was er meinte: Die „Andromeda-Galaxie“. Die einzige Galaxie, die man mit dem menschlichen Auge erkennen kann, so sagte er.
Ich versuchte ein Bild mit mir und dem Himmel zu machen, was absolut hoffnungslos war. Dann sagte er, warte mal. Stell dich dahin, und beweg dich für 30 Sekunden nicht. Er holte eine Stirnlampe hervor und wedelte damit vor mir herum. Das Ergebnis hätte ich nicht erwartet.
Durch diese Beleuchtungsmethode hatte er geschafft, mich und den Sternenhimmel zusammen sichtbar zu machen. Der Typ hatte es drauf.
Das außergewöhnlichste Bild meines bisherigen Lebens
Wenn Sie genau hinsehen (zoomen Sie am besten), erkennen Sie nah am Bildrand oben rechts, die Andromeda-Galaxie (sehr heller Punkt mit einem ovalen Schweif drum herum).
2 Comments
Danni
21 Mai 2019 - 7:37 pm„Nimm dir vor, den Mond zu treffen. Denn selbst wenn du ihn verfehlst, landest du zumindest inmitten der Sterne.“
Musste direkt an dieses Zitat denken beim Anblick des Sternenhimmels. Das hat sich mal gelohnt alleine loszuziehen bei der Aussicht. Super schönes Bild und motivierendes Fazit.
Marcel Kucharski
23 Mai 2019 - 12:34 pmDanke für dein inspirierendes Feedback 🙂 Ich stimme dir zu 100% zu! Das ist auch eines meiner Lieblingszitate. Auch Dallas McCarver hat immer davon gesprochen… Viel Erfolg und eine außergewöhnliche Entwicklung wünsche ich dir. Aber bei allem Ehrgeiz niemals vergessen: Enjoy, life is a beautiful ride!